Donnerstag, 21. Januar 2010

Über die Zeitlosigkeit der „Wembley-Tore“

„Jetzt stehen halt 6 Pinguine herum. Sonst hat sich nix geändert“. Peter Pacult stellt in seiner gewohnt „direkten“ Art die Sinnhaftigkeit der zwei neu von der UEFA eingeführten Schiedsrichterassistenten infrage. Diese kamen heuer ab September in der ebenfalls neu geschaffenen Europa - League (die ist hingegen weitgehend unumstritten) zum Einsatz. Pacult muss sie nicht mehr sehen, Rapid ist im Frühjahr nicht mehr dabei, wenn die Pinguine wieder aus dem Winterschlaf erwachen.

Korrekter Weise heißen die neuen Assistenten „Torrichter“. Selbstverständlich wurde ihnen im Herbst erhöhte Aufmerksamkeit zu Teil. Jede Entscheidung wurde auf die Goldwaage gelegt (das ist nicht zwangsläufig etwas Neues) und jeder noch so bedeutungslose Pfiff in etwa zwölf verschiedenen Zeitlupen seziert.

Doch so schlecht ist die Idee von zwei zusätzlichen Torrichtern sicherlich nicht. Zumindest ist es ein Schritt hin zu Entscheidungshilfen, um gravierende, spielentscheidende Fehlentscheidungen zu verhindern. Ob die zwei zusätzlichen Assistenten tatsächlich die Lösung dieser Probleme sind, ist noch unklar. Da reicht eine Hinrunde in der Europa - League mit Sicherheit nicht aus. Im Sommer wird man schon mehr wissen, bisher bekam man nicht unbedingt den Eindruck, dass es jetzt merklich weniger Fehlentscheidungen gab. Und wenn der Torrichter einmal etwas Ahndungswürdiges entdeckt hat, wird dieser oft wieder vom Schiedsrichter überstimmt. Die Autorität der Torrichter hält sich noch in Grenzen.

Eine andere Möglichkeit, Unklarheiten vorzubeugen, könnte der Computerchip im Ball sein. Das runde Leder ist – wenig überraschend – in allen spielentscheidenden und umstrittenen Spielsituationen mit dabei. Das Prinzip verlangt zusätzlich den Einsatz von Technik. Auf beiden Torpfosten müssten Sensoren installiert werden, damit die exakte Position des Spielgeräts festgestellt werden kann. Um solche, diskussionswürdige Situationen zu finden, muss man nicht weit in den Fußballgeschichtsbüchern zurückblättern. Es gab auch nach 1966, das Jahr des berühmt berüchtigten Wembley-Tors von Geoff Hurst, unzählige Tore, die eigentlich keine waren, und vergebene Chancen, die fälschlicher Weise mit einem Torerfolg belohnt wurden. Lattenpendler dieser Art könnte man hier wohl en masse anführen.

Der Chip im Ball ist grundsätzlich zu begrüßen. Das einzige Problem könnte die Kostenfrage darstellen. Denn jeden Matchball und jedes Torgestänge mit solchen Sensoren auszustatten, kostet nicht wenig Geld. Doch gerade für Großturniere wie die EM und WM (am besten gleich im Sommer damit anfangen!) oder in den europäischen lukrativen Klubbewerben kann die Finanzierung klarerweise kein Thema sein.

Ende 2007 stellte der deutsche Produzent Adidas sogar einen solchen Ball vor, der seit 2005 entwickelt wurde. Bei der FIFA Klub-WM 2007 wurde der Ball sogleich getestet. Zahlreiche Experten sehen aber schon das vorläufige Ende aller Bemühungen kommen, da das IFAB (International Football Association Board, höchste Instanz bei Regelfragen) sich im Frühjahr 2008 gegen jegliche neue technische Hilfsmittel aussprach.

Ein solches wäre auch der schon so oft geforderte Videobeweis, mit dem strittige Entscheidungen mit Hilfe der sofortigen Auflösung (zum Beispiel auf der Videowall) geklärt werden könnten. Diese Methode käme dann wohl bei jeder Abseitsentscheidung, bei jedem Foulpfiff zum Einsatz. Das lässt sich beliebig weiterführen: Elfmeter oder Schwalbe? Ecke oder Abstoß? Handspiel oder doch Schulter? Alleine die Vorstellung, dass ein Spiel im Stadion alle 2-3 Minuten, bei großzügiger Auslegung vielleicht alle zehn Minuten, unterbrochen wird, ist schrecklich und kann nicht Sinn der Sache sein. Ein Fußballspiel kann eine solche Dynamik entwickeln, da wäre es doch fast tragisch, würde man da alle paar Augenblicke das Match unterbrechen, um das Videoband zu befragen. Jeglichen Spielfluss könnte man damit getrost vergessen.
Natürlich – wer bitte ist nicht schon vorm Fernseher gesessen und hat bei der x-ten Zeitlupenwiederholung einer klaren Fehlentscheidung nicht das Bedürfnis in sich verspürt, den Schiri auf den Mond zu schießen? Doch das gehört schlicht und ergreifend zum Fußball. Zur Beruhigung: Die Schiedsrichter wissen das auch.

Und auch wenn wohl schon mehrere Millionen „verpfiffen“ wurden, etwa in Aufstiegsspielen in der Champions-League, kann doch kein Fußballfan wirklich für die Einführung des Videobeweises sein. Einzige Ausnahme hierfür wäre, eine vernünftige Regulierung, wie sie zum Beispiel im Tennis seit Jahren gilt: So darf jeder Spieler zwei Mal pro Satz den Videobeweis fordern, wenn er glaubt, der Ball wäre nicht im Out gewesen. Ein solches Modell, bei dem der Kapitän oder Trainer einer Mannschaft den Videobeweis ein oder zwei Mal anfordern darf, wäre für den Fußball denkbar.

Alles in allem sollte man sich vermutlich damit abfinden, dass Fehlentscheidungen nun mal zum Fußball gehören. Das war immer so und wird auch so bleiben. Und wie heißt es so schön? „Am Ende einer Meisterschaft gleicht sich immer alles aus.“

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