Samstag, 9. Januar 2010

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Der LASK hat es jetzt geschafft, ein Trainingslager zu fixieren und den Termin (27.01. – 03.02.) bekanntzugeben. Belek heißt das erklärte Ziel, das man vermutlich realisieren wird können. Ganz im Gegensatz zu den im Sommer gesteckten Saisonzielen, von denen man sich doch ziemlich entfernt hat. Die Linzer orientieren sich stetig nach unten, würde es Kärnten nicht geben (man mag gar nicht daran denken!), wäre der LASK ein echter Abstiegskandidat. Der Klassenerhalt darf nicht das höchste der Gefühle sein für den Klub aus der drittgrößten Stadt Österreichs mit einem Stadion, in das mindestens 15.000 Zuschauer hineinpassen, und dem Fanpotential, diese Kapazität auch ausschöpfen zu können. Selbstverständlich hat der Abstieg von 2001 Spuren hinterlassen, die nicht von heute auf morgen zu beseitigen sind. Doch warum kommt der LASK nicht und nicht in Fahrt? Was sind die Gründe für die permanente Aneinanderreihung von Enttäuschungen sowohl auf Führungsebene als auch der sportlichen?

Angefangen hat das Projekt „Bundesliga“ dabei sogar sehr gut. Ivica Vastic wurde noch in der zweiten Liga unter Vertrag genommen, was sich als hervorragender Schachzug entpuppen sollte: Vastic hatte seinen Spaß mit den Gegnern (Übertreibung!) der RedZac – Ersten Liga, wie die Supermarktliga damals noch hieß. Unzählige Tore und Assists standen am Ende der Saison am Konto des Oldies, folgerichtig gelang der Aufstieg in die Bundesliga.
Die Comeback-Saison verlief äußerst erfolgreich: lange Zeit konnte man ganz vorne mitspielen, kurzzeitig glaubten die kühnsten Optimisten sogar an den Meistertitel. Am Ende stand der ein wenig enttäuschende 6.Platz, nachdem der positive Saisonverlauf Europacuphoffnungen berechtigte und man im Finish stark nachließ. Schon damals kündigte sich das Fiasko an, das in der darauf folgenden Saison Realität wurde.

Konnte man unter Daxbachers Nachfolger Andreij Panadic wenigstens noch ein Konzept erkennen, war nach dessen Rauswurf endgültig alles über den Haufen geworfen. Klaus Lindenberger durfte sich – ohne jegliche Trainererfahrung – einfach mal als Chefcoach probieren. In 13 Spielen gelangen ein Sieg und 3 Remis bei 9 Niederlagen und 4:29 – Toren, der LASK war endgültig der Prügelknabe. Als auch Präsident Reichel endlich einsah, dass Lindenberger mit Sicherheit kein Cheftrainer ist, präsentierte die schwarz-weiße Führungsriege niemand geringeren als Hans Krankl. Freilich wehte sogleich ein ganz anderer Wind. Klare Ansagen, starke Sprüche und echte Fußballweisheiten prägten den Alltag beim LASK. Krankl schaffte es kurzzeitig, die Spieler zu pushen und sie von ihrer Lethargie zu befreien. Als das umgesetzt war und die ersten Punktgewinne verzeichnet wurden, gab es nicht wenige, die Krankls Interimsvertrag gerne verlängert hätten. Doch die nächsten Auftritte demonstrierten taktische Fehler und Mängel, die unter Krankl nicht abgestellt sondern noch gravierender wurden. Teilweise haarsträubende Naivität öffnete den Verantwortlichen doch noch die Augen und Krankls Kurzzeitengagement war beendet. Seine Mission hatte er jedoch erfüllt, wie Krankl in seiner „selbstbewussten“ Art feststellte.

Das Thema Abstieg war also vorerst vom Tisch und man dachte, die Verantwortlichen würden jetzt mit Ruhe und Bedacht die Vorbereitung auf die neue Saison einleiten. Dazu brauchte man natürlich erst einmal wieder einen neuen Trainer. Der Deutsche Matthias Hamann wurde geholt, der LASK ist seine erste Trainerstation im Profigeschäft. Hamanns Credo war von Beginn an und ist noch immer „Offensive“. Das ist grundsätzlich schön und zu begrüßen, dass es im Fußball auch eine Verteidigung gibt, sollte jedoch nicht konsequent verleugnet werden. Die Meisterschaft begann durchaus viel versprechend mit spektakulären Spielen und ebenso spektakulären Toren. Es war vom „neuen magischen Dreieck“ die Rede. Mayrleb, vor allem Prager und Wallner harmonierten tatsächlich hervorragend und produzierten Tore am laufenden Band. Noch mehr Tore kassierte die eigene Defensive, die in fast allen Spielen heillos überfordert war. Hamann machte den 19jährigen Margreitter zum Kapitän und Abwehrchef und tat dem Defensivtalent damit sicher keinen Gefallen. Vidas Alunderis erwies sich als totaler Fehleinkauf, Sturm Graz wusste schon, warum sie den Litauer nach einem Probetraining nicht unter Vertrag nahmen.
Vorläufiger Höhepunkt war das 2:7 Debakel gegen die nicht gerade als Tormaschinen bekannten Kapfenberger. Hamann wiederholte auch nach sieben Gegentreffern gegen einen Abstiegskandidaten immer wieder seine Parole, mehr Tore schießen zu müssen und die Chancen konsequenter zu verwerten. Anstatt die Defensive zu stärken und die katastrophalen Schwächen abzustellen, legt Hamann sein Hauptaugenmerk weiter auf die Offensive. Der Deutsche scheint die Defensive endgültig aufgegeben zu haben, anders ist auch seine Aussage, wonach maximal ein Abwehrspieler im gesamten Kader annähernd Bundesliganiveau habe, nicht zu erklären und schon gar nicht zu verstehen.
Eine Verbesserung der Defensive wäre auch kurzfristig gesehen ratsam, denn zum Frühjahrsbeginn warten gleich Rapid, Salzburg, Sturm und die Austria. Sollte sich auch in der Winterpause nichts Grundlegendes geändert haben, darf man sich wieder auf viele Tore freuen.

Doch auch dieses jüngste Kapitel ist nur ein Spiegelbild dessen, was sich beim Linzer Traditionsklub seit Jahren abspielt. Es gibt keine klaren Linien, kein durchdachtes Konzept, das nicht nach zwei Niederlagen in Folge oder einer schwächeren Phase gleich wieder verworfen wird. Kontinuität und Weitblick scheinen beim LASK Fremdwörter zu sein, anders sind diese ständigen Ausrutscher – sowohl in der Kaderplanung, in der Öffentlichkeitsarbeit als auch am grünen Rasen – nicht zu erklären. Den leidgeprüften LASK – Fans wäre es zu wünschen, dass endlich einmal alle an einem Strang ziehen, damit das Loch, das zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft, überbrückt werden kann. Die aktuelle Situation ist insofern besonders trist, da in Linz genügend Potential vorhanden wäre, um einen Klub zu formen, der die Spitzenklubs ärgern beziehungsweise mit ihnen mithalten könnte. Eine solche Entwicklung beansprucht jedoch Zeit und – vor allem – Kontinuität.

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