Dienstag, 5. Januar 2010

Die SERIE A im Rückspiegel


ITALIEN. Halbzeit in der italienischen Liga – Zeit für einen kleinen Rückblick: Während Ronaldinho sich in der Form seines Lebens wähnt und Inter Mailands größter Titelkonkurrent wohl Inter Mailand heißt, ist die anfängliche Dominanz aus Genua bereits wieder abgeklungen.

Es war schon eine Überraschung als nach vier Spieltagen der Cricket and Football Club Genoa und Stadtrivale Sampdoria punktegleich von der Tabellenspitze lachten. Zugegeben, nach vier Runden geizt jede Tabelle mit Aussagekraft, es war jedoch ein klares Zeichen an die Konkurrenz. Diese setzt sich auch heuer wieder – das ist weit weniger überraschend – aus den Mailänder Vereinen Inter und AC sowie Juventus Turin zusammen.

Während Inter konstant gute Leistungen bringt und auch zum Jahreswechsel vorne wegmarschiert, schwanken die Rossoneri und die Alte Dame gehörig. Schickten sich die Turiner nach furiosem Start an, Inter unter Druck zu setzen und deren jahrelange Dominanz zu durchbrechen, erstickten ein durchwachsener November und ein katastrophaler Dezember jegliche Titelhoffnungen im Keim. Da passte das 1:4 – Debakel gegen die Bayern und das damit verbundene Aus in der Champions League – Gruppenphase (!) nur allzu gut ins Bild. Den vorläufigen Höhepunkt markierte in der Folge eine 1:2 – Heimniederlage gegen den Tabellenletzten Catania. Was bleibt ist die Europa League (in der K.O. – Runde gegen Ajax) und die Erkenntnis, dass Juve nach dem Zwangsabstieg vor zwei Jahren noch nicht so weit ist, wie es die Tifosi gerne hätten. Und natürlich noch die Coppa Italia, der Pokalwettbewerb, der in etwa so beliebt ist, wie der ÖFB Stiegl – Cup hierzulande und für einen Klub wie Juve kein Trostpflaster darstellen kann.

Milan hingegen kam praktisch gar nicht aus den Startlöchern, dümpelte lange Zeit nur im Mittelfeld der Serie A vor sich hin. Hinzu gesellt sich eine empfindliche 0:4 – Klatsche im Heimderby gegen den schwarzblauen Erzrivalen, welche so manchen Fan sein Abo auf den Rasen schleudern ließ. Jungtrainer Leonardo schaffte es jedoch einen wankenden Riesen wieder auf Kurs zu bringen – denn gerade als nicht wenige an Leonardos Entlassung glaubten, schlug man Real Madrid im Bernabeu-Stadion in beeindruckender Manier trotz beeindruckender Patzer von Ersatzkeeper Dida.
„Ich bin wieder zurück und sogar jetzt noch stärker“
Ronaldinho gegenüber Il Corriere Dello Sport

Es ging weiter bergauf, mit mehreren Siegen in der Liga hintereinander, dem überraschend souveränen Aufstieg in der Königsklasse und der schlussendlich vollständigen Rehabilitierung in der heimischen Meisterschaft mit Platz 2 und acht Punkten Rückstand auf Inter. Mitverantwortlich für Milans Aufschwung war sicherlich Ronaldinho, der erst kürzlich meinte, er würde in der Form seines Lebens spielen. Das darf mitunter bezweifelt werden. Ronaldinho dürfte vergessen haben, dass er auch eine Zeit lang für Barcelona gegen das Leder getreten hat, und das nicht ganz erfolglos (2x Meister, 1x Champions League Sieger, 2x Weltfußballer des Jahres,…).
Den vierten und letzten CL-Quali – Platz belegt derzeit die Roma, deren Formkurve fast analog zu der von Milan verlief: ein Rauf und Runter, bis Francesco Totti fit wurde, zur Topform auflief und sogleich die Roma wieder nach oben führte. Somit zeigt sich dem interessierten Serie A Beobachter zur Halbzeit ein doch wieder sehr vertrautes Bild mit Inter, Milan, Juve und der Roma ganz vorne dabei.

Oben festgesetzt hat sich vorerst auch Parma – das ist mit Sicherheit als Überraschung zu werten. Der Aufsteiger besticht mit strenger Disziplin und einer stabilen Defensive, beides zurückzuführen auf das taktisch enge Korsett, das Trainer Francesco Guidolin der Mannschaft geschnürt hat. Besonders Routiniers wie Christian Panucci (36 Jahre) oder Nicola Amoruso (35) sind es, die das Mannschaftsgefüge zusammenhalten und so schon so manchen Favoriten zur Verzweiflung gebracht haben. Dahinter rangieren Napoli (dort stünde Jimmy Hoffer als Fußballspieler unter Vertrag), Palermo, Sampdoria, Chievo (dort wäre Hoffer sehr gern gesehen) und Genoa, das nach anfänglichem Hoch etwas abgerutscht ist. Ebenso Stadtrivale Sampdoria, die jedoch viele vor Saisonstart ohnehin nur im Mittelfeld der Tabelle gesehen haben, hat nach tollem Beginn zuletzt doch einige Punkte leichtfertig liegen gelassen.
Allgemein lässt sich ein dichtes Gedrängel um die Europacup – Plätze erkennen, an dem in der Hinrunde die Fiorentina überraschend nicht partizipierte. Zu viele Ausrutscher und unnötige Punkteverluste gegen Teams aus den unteren Tabellenregionen verhindern vorerst einen besseren Tabellenplatz. So enttäuschend die Saison bislang auf nationaler Ebene verlief, so bemerkenswert war das Auftreten der Fiorentina auf internationalem Parkett. Auf dem Weg zum Gruppensieg besiegten die Toskaner unter anderem zwei Mal den FC Liverpool, folgerichtig auch auswärts an der Anfield Road (2-1). Gilardino & Co. dürfen sich somit im Frühjahr weiterhin mit den besten Vereinen Europas messen, während man in der heimischen Serie A schleunigst den Sand aus dem Getriebe bekommen sollte, will man nächstes Jahr ebenso wieder für internationale Glanztaten sorgen. Außer man gewinnt gar die Champions League, was jedoch in etwa so wahrscheinlich sein dürfte wie Kärntens Nichtabstieg.

Neben positiven Überraschungen gibt es aber natürlich auch über negative zu berichten. So zum Beispiel Lazio, das sich beharrlich im Tabellenkeller festgesetzt hat und auch in der Europa League gegen Red Bull Salzburg nichts zu lachen hatte. Die Anfangseuphorie der Laziali ist also schon längst wieder verflogen. Die bittere Realität heißt Abstiegskampf, der unter anderem mit Siena und Catania auszufechten sein wird, die sich anscheinend unbeirrbar auf schnellstem Wege in die Zweitklassigkeit befinden.

Es bleibt also doch (fast) alles beim Alten: Inter ist drauf und dran, den fünften Scudetto in Serie zu holen, dahinter matchen sich die (mehr oder weniger) üblichen Verdächtigen um die Europacup-Plätze. Aber auch der Abstiegskampf birgt noch einiges an Spannung als auch die Gefahr, noch das ein oder andere Team in seinen Bann zu ziehen.

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