Donnerstag, 11. Februar 2010
Die friulische Lebensversicherung
Am Samstag tat er es schon wieder. Mit drei Toren, die letzten beiden davon in der 91. und 93. Minute, schoss er seinen Verein Udinese Calcio im Alleingang zum Sieg über Napoli, bewahrte so die Norditaliener wieder einmal vor einer Niederlage. Drei Tore in einem Spiel schaffen nicht viele Spieler auch nur einmal in ihrer Karriere. Freilich passiert das Antonio Di Natale auch nicht jeden Tag, es war aber bei weitem auch nicht der erste Hattrick in seiner Karriere (heuer traf er auch schon am 3.Spieltag gegen Catania drei Mal). Ansonsten scort Totó, wie ihn die Fans liebevoll nennen, gerne auch nur zwei, oder gar nur ein Mal. Sollte er mal ganz auslassen, kann man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass der Udinese-Stürmer mindestens eine Torvorlage geliefert hat. Der Begriff „Tormaschine“ mag im Fußball etwas überstrapaziert sein, auf Antonio Di Natale passt er jedoch wie die Faust aufs Auge.
Lehrreiche Jahre in der Serie C
Alles begann für den 1,70m großen, wendigen und technisch beschlagenen Angreifer bei Empoli. 1996 gab er 19 jährig sein Debüt für selbigen Verein. Nach Anlaufschwierigkeiten wurde Di Natale von 1997-1999 zu unterklassigen Vereinen verliehen. Seine Stationen hießen Iperzola, Varese und Viareggio. Beim zuletzt genannten Klub konnte sich der zweifache Familienvater das erste Mal ein bisschen ins Rampenlicht spielen, erzielte 12 Treffer in 25 Spielen. Die Aufmerksamkeit, die ihm zu Teil wurde, war groß genug, um Empoli davon zu überzeugen, ihn zurückzuholen.
Eine Entscheidung, die die Toskaner nicht bereuen sollten. In 158 Spielen durfte Totó 49 mal über einen Treffer jubeln und war somit maßgeblich daran beteiligt, dass sich Empoli über Jahre hinweg in der Serie A etablierte, sogar einmal für den UEFA-Cup qualifizieren konnte. Der in Neapel geborene Angreifer traf so zielsicher, dass Giovanni Trapattoni 2002 nicht umher konnte, ihn in die Squadra Azzurra einzuberufen. Sein erstes Tor erzielte Di Natale 2004 im Freundschaftsspiel gegen Tschechien. Als Empoli im selben Jahr jedoch wieder den Gang in die zweithöchste Spielklasse antreten musste, schlug Di Natale aus seinem mittlerweile erarbeiteten Ruf Kapital und wechselte nach Friaul zu Udinese Calcio.
Dort bildete er gleich im ersten Jahr ein gefährliches Sturm-Trio mit Vincenzo Iaquinta (derzeit bei Juventus Turin) und David Di Michele (jetzt bei US Lecce). Und zwar so gefährlich, dass Udinese in der heimischen Liga den vierten Platz erreichte und somit international vertreten war. 2005/2006 war er der einzige italienische Spieler, der das Kunststück vollbrachte, in einer Saison sowohl in der Liga, in der Coppa Italia, im UEFA-Cup als auch der Champions-League zu netzen. In der Meisterschaft 2007/2008 durfte Totó 17-mal über ein selbsterzieltes Tor jubeln.
Auf dem Weg zur Legende
Heuer spielt Udinese eine ganz schwache Saison, in 22 Spielen konnte man gerade mal 24 Punkte ergattern und liegt somit nur zwei Zähler vor dem ersten Abstiegsplatz, den übrigens derzeit Lazio Rom (!) für sich beansprucht. Die enorme Bedeutung von Di Natale für den Verein aus dem Friaul lässt sich wunderbar mit eindrucksvollen Zahlen untermauern: insgesamt hat Udinese Calcio 26 Tore erzielt, satte 16 gehen davon auf das Konto Di Natales, den man somit ohne Befürchtungen hegen zu müssen, übertrieben zu haben, als Udines Lebensversicherung bezeichnen kann. Als würde das nicht ausreichen, kommt noch die Tatsache hinzu, dass der Offensivallrounder für diese 16 Tore lediglich 19 Einsätze benötigte.
Alleine in den ersten sieben Saisonspielen bugsierte Di Natale die Kugel nicht weniger als neun Mal über die Linie, wenig verwunderlich also, dass in der Torschützenliste der Serie A sein Name auch derzeit ganz oben steht. Von den angepeilten Europacuprängen ist der Verein bereits hoffnungslos abgeschlagen. Italiens Teamstürmer, ohne dem man zweifellos im tiefsten Tabellenkeller festsitzen würde, dafür am besten Weg, eine absolute Klublegende zu werden. Doch wer den Stürmer kennt, der weiß, dass er lieber ein paar Tore weniger auf seiner persönlichen Visitenkarte, stattdessen mehr Punkte auf der Habenseite seines Vereins sehen würde.
Arbeiter und Filigrantechniker in Personalunion
Dass Di Natale, der natürlich – wie könnte es anders sein – die Kapitänsbinde trägt, für Udinese also unverzichtbar ist, dürfte spätestens in Anbetracht dieser Zahlen auch der Letzte erkannt haben. Doch was macht den mittlerweile 32-Jährigen so stark und zum Schrecken aller (Serie A-) Torhüter? Zum einen ist es die Erfahrung, die der Angreifer über Jahre hinweg gesammelt hat: Di Natale kennt die Liga in- und auswendig, weiß über die Stärken und Schwächen seiner Gegner Bescheid. Er ist ein Stürmertyp, der sich am Feld für nichts zu schade ist, die Bälle gerne weit aus dem Mittelfeld holt. In Italien heißt das „seconda punta“, hierzulande weniger spektakulär „hängende Spitze“. Beim Ausfüllen dieser Rolle kommt ihm seine technische Raffinesse zu Gute, durch die er auch durchaus mal ein, zwei Gegenspieler stehen lassen kann. Hinzu kommt eine enorme Ballsicherheit, die ihm zu einem echten Ruhepol im Spiel von Udinese werden lässt. Ebenso aus der Distanz ist er mit seinem sowohl starken wie auch präzisen Schuss brandgefährlich, eine Gabe, die er schon öfters in Zählbares ummünzen konnte.
Und auch in der Nationalelf hat sich Di Natale in den letzten Jahren als universell einsetzbarer Spieler ein gewisses Standing erarbeitet. Unter Marcello Lippi zählt er stets zum Stammpersonal. So durfte Di Natale am 18.November des Vorjahres auch zum ersten Mal die Squadra Azzurra als Kapitän aufs Feld führen, er wird sich vermutlich gerne daran zurückerinnern, Italien schlug die Schweden mit 1-0. Außerdem durfte der Stürmer, dessen Name korrekt übersetzt eigentlich „von Weihnachten“ heißt, neben dieser Premiere auch gleichzeitig ein Jubiläum feiern, und zwar das des 30. Einsatzes (9 Tore) im Trikot der Squadra Azzurra. Bei der Euro 2008 war Totó ebenso mit von der Partie wie er es auch bei der WM 2010 sein wird.
Die Verantwortlichen in Udine wissen ganz genau, was sie an Antonio Di Natale haben. So ist es keine Überraschung und ein echter Vertrauensbeweis, dass sein Vertrag trotz etwas fortgeschrittenen Alters bis 2013 verlängert wurde. Die Schwarz-Weißen tun auch gut daran, weiterhin alles daran zu setzen, Di Natale zu halten. Denn so keiner mag sich wirklich ausmalen, wie oder gar in welcher Liga der Verein ohne die „friulische Lebensversicherung“ wohl spielen würde.
Freitag, 29. Januar 2010
Ciao Ciro! - "Zac" ante portas
Eigentlich hatte ja alles recht vielversprechend begonnen. Der legendäre, ehemalige Innenverteidiger Ciro Ferrara (253 Spiele im Juventus-Dress) konnte in seinem Interimsengagement als Chefcoach nach Ranieris Entlassung auf Anhieb überzeugen und einen gelungenen Abschluss einer eher verfahrenen Vorsaison der Bianconeri bewerkstelligen. Heuer jedoch folgte dann die große Ernüchterung. Nachdem man zunächst sehr gut aus den Startlöchern gekommen war, strauchelte die Alte Dame unter Ferraras Regentschaft spätestens in den Monaten November und Dezember gehörig. Und auch nach dem Jahreswechsel ging es nicht bergauf, stand das Wort „Krise“ in ständiger Verbindung mit dem italienischen Rekordmeister. Den negativen Höhepunkt stellt gewiss das Ausscheiden in der Champions-League – Gruppenphase dar. Bayern München und das zugegebener Maßen groß aufspielende Bordeaux, die auch zwei Mal die Bayern schlugen, erwiesen sich als zu stark für das krisengebeutelte Juventus.
„Wir brauchen nicht um den heißen Brei herumreden: Wir befinden uns in einer heiklen Lage“ - Ciro Ferrara hat die Situation erkannt
Ciro Ferrara war als Spieler zweifellos eine Legende, ob er sich selbigen Status auch in seiner Trainerlaufbahn erarbeiten kann, wird sich in den nächsten Jahren, möglicherweise ja sogar Jahrzehnten, weisen. Auf jeden Fall muss sich auch das Präsidium rund um Jean-Claude Blanc und Sportdirektor Alessio Secco den Vorwurf gefallen lassen, mit Ferrara einen beinahe vollkommen unerfahrenen Trainer engagiert zu haben. Freilich ist es jetzt leicht, diese damals schon als mutig befundene Handlung, im Nachhinein als blauäugig und naiv kritisieren. Dass es ja auch funktionieren kann, zeigt das Paradebeispiel von Pep Guardiola und dem FC Barcelona (sechs Titel 2008/2009 kann man als geglückt bezeichnen).
Ciro Ferrara hatte immerhin mehrere Kurzzeitengagements vorzuweisen: direkt nach Karriereende wurde Ferrara Teil im Trainerstab seines Lehrmeisters Marcello Lippi. Als Co-Trainer trug der damals 39-Jährige mit zum Gewinn des Weltmeistertitels 2006 bei. Danach vertrieb sich Ferrara die Zeit als Koordinator der Jugendabteilung bei den Turinern und jobbte zwischendurch auch als Kommentator für Sky Italia. Schließlich nahm ihn wieder Lippi nach dessen Rückkehr auf die Trainerbank der Squadra Azzurra in den Trainerstab auf.
Seit 2009 und Ranieris Rauswurf übernahm Ferrara ursprünglich nur interimistisch für die letzten zwei Saisonspiele, um die direkte Qualifikation zur Champions-League und den damit verbundenen Vizemeistertitel zu schaffen. Aus einem anfänglich zögerlichen Bekenntnis der Vereinsführung zu Ferrara wurde in der Folge ein klarer Arbeitsauftrag, bewaffnet mit „vollstem Vertrauen“ des Vorstands. Zuvor hatte noch schnell Wunschtrainer Luciano Spaletti den Bianconeri abgesagt, der bei der Roma bleiben wollte (und ebenso im Herbst gefeuert wurde). Mit soviel Rückendeckung ausgestattet, krempelte Ferrara gleich mal den ganzen Kader um: Fabio Grosso (von Lyon), Felipe Melo (Fiorentina), Diego (Werder Bremen) und Altmeister Fabio Cannavaro (Real Madrid) wurden geholt, um Inter endlich vom Ligathron zu stoßen und den Scudetto wieder heimzuholen.
Doch nach dem – bereits erwähnten – guten Ligastart kam alles anders. In der Liga kämpft man um einen CL-Platz, international geht die Alte Dame ohnehin am Stock, in der Europa-League wartet Ajax Amsterdam. Jüngst setzte es eine 0:3 – Heimschlappe gegen den AC Milan und das späte, aber doch verdiente Aus in der Coppa gegen Inter (1:2). An Ciro Ferraras Trainersessel, der seit Wochen, ja sogar Monaten äußerst umstritten ist, wird jetzt weiter fleißig gesägt. Der Abschied scheint unausweichlich, schon heute Nachmittag könnte es endgültig „Ciao Ciro!“ heißen. Guus Hiddink oder Rafa Benitez sind nur zwei der zahlreichen Namen, die gegenwärtig den Blätterwald zum Rauschen bringen. Doch beide sind für Juventus Turin wohl zu teuer.
Dieser Kader ist stark und hat den Charakter, um diese Krise zu überwinden. - Ferrara glaubt noch an die Wende
Aussichtsreiche Chancen werden Claudio Gentile und Alberto "Zac" Zaccheroni eingeräumt. Gentile ist seit Jahren mehr oder weniger erfolgreich Trainer der U21 Italiens, Zaccheronis letztes Engagement datiert aus dem Jahre 2007, als er nach sieben Niederlagen aus den letzten acht Spielen als Coach vom Torino FC entlassen wurde. Weiters genießt Zaccheroni in Italien denselben Ruf wie hierzulande Constantini, und zwar den des Feuerwehrmanns, der in letzter Sekunde einspringen und existenzbedrohte Klubs vom Abstieg bewahren soll. Juve steht zwar momentan alles andere als gut da, vom Gang in die Serie B ist man jedoch ein gutes Stück entfernt, es sei denn Luciano Moggi feiert ein überraschendes Comeback. Das fünfjährige Berufsverbot DER zentralen Figur des Wettskandals 2006 endet ja nächstes Jahr auch schon wieder. Gerüchte machen die Runde, dass entweder Gentile oder Zaccheroni (wohl eher letzterer) bis Sommer übernehmen könnte, um den Verein auf schnellstem Wege zu konsolidieren.
Was Juve jetzt jedoch braucht wie einen Bissen Brot ist ein langfristiges, gut durchdachtes Konzept. Und irgendwie kommt man da in Turin nicht um den Namen Marcello Lippi herum. So auch diesmal nicht. Angeblich soll der 61-Jährige dann im Sommer nach der WM 2010 zurückkommen, um bei Juve wieder einmal alles ins Lot zu bringen. Lippi saß dort schon von 1994 bis 1999 und von 2001 bis 2004 auf der Bank und weiß demnach, was auf ihn zukäme und wie die Mechanismen in Turin greifen. Ob Lippi mit 61 Jahren aber auch dieses Mal der richtige Mann für Juve ist, bleibt abzuwarten. Es wäre wieder ein Neubeginn gefragt, eine völlig neue Mannschaft aufzubauen. Jetzt viel Geld auf den Tisch zu legen und dafür einen Toptrainer á la Hiddink an Land zu ziehen wäre wohl nicht das Schlechteste. Doch auch der Holländer ist nicht unbedingt einer, auf den man sich jahrelang verlassen kann. Das belegen seine zahlreichen Kurzengagements in der Vergangenheit und die Tatsache, dass sein Hauptaugenmerk wohl auf der „Sbornaja“, der russischen Nationalmannschaft liegt.
Rückblickend hat sich Ferrara mit seinem Trainerengagement bei Juve sicherlich keinen Gefallen getan, die Zukunft wird zeigen, wie stark sein Denkmal, das er sich selbst als beinharter Weltklasseverteidiger gesetzt hat, angekratzt ist. Es ist ihm zu wünschen, dass ihn die Tifosi als solchen in Erinnerung behalten und nicht als erfolglosen, überforderten Trainer.
Donnerstag, 21. Januar 2010
Über die Zeitlosigkeit der „Wembley-Tore“
„Jetzt stehen halt 6 Pinguine herum. Sonst hat sich nix geändert“. Peter Pacult stellt in seiner gewohnt „direkten“ Art die Sinnhaftigkeit der zwei neu von der UEFA eingeführten Schiedsrichterassistenten infrage. Diese kamen heuer ab September in der ebenfalls neu geschaffenen Europa - League (die ist hingegen weitgehend unumstritten) zum Einsatz. Pacult muss sie nicht mehr sehen, Rapid ist im Frühjahr nicht mehr dabei, wenn die Pinguine wieder aus dem Winterschlaf erwachen.
Korrekter Weise heißen die neuen Assistenten „Torrichter“. Selbstverständlich wurde ihnen im Herbst erhöhte Aufmerksamkeit zu Teil. Jede Entscheidung wurde auf die Goldwaage gelegt (das ist nicht zwangsläufig etwas Neues) und jeder noch so bedeutungslose Pfiff in etwa zwölf verschiedenen Zeitlupen seziert.
Doch so schlecht ist die Idee von zwei zusätzlichen Torrichtern sicherlich nicht. Zumindest ist es ein Schritt hin zu Entscheidungshilfen, um gravierende, spielentscheidende Fehlentscheidungen zu verhindern. Ob die zwei zusätzlichen Assistenten tatsächlich die Lösung dieser Probleme sind, ist noch unklar. Da reicht eine Hinrunde in der Europa - League mit Sicherheit nicht aus. Im Sommer wird man schon mehr wissen, bisher bekam man nicht unbedingt den Eindruck, dass es jetzt merklich weniger Fehlentscheidungen gab. Und wenn der Torrichter einmal etwas Ahndungswürdiges entdeckt hat, wird dieser oft wieder vom Schiedsrichter überstimmt. Die Autorität der Torrichter hält sich noch in Grenzen.
Eine andere Möglichkeit, Unklarheiten vorzubeugen, könnte der Computerchip im Ball sein. Das runde Leder ist – wenig überraschend – in allen spielentscheidenden und umstrittenen Spielsituationen mit dabei. Das Prinzip verlangt zusätzlich den Einsatz von Technik. Auf beiden Torpfosten müssten Sensoren installiert werden, damit die exakte Position des Spielgeräts festgestellt werden kann. Um solche, diskussionswürdige Situationen zu finden, muss man nicht weit in den Fußballgeschichtsbüchern zurückblättern. Es gab auch nach 1966, das Jahr des berühmt berüchtigten Wembley-Tors von Geoff Hurst, unzählige Tore, die eigentlich keine waren, und vergebene Chancen, die fälschlicher Weise mit einem Torerfolg belohnt wurden. Lattenpendler dieser Art könnte man hier wohl en masse anführen.
Der Chip im Ball ist grundsätzlich zu begrüßen. Das einzige Problem könnte die Kostenfrage darstellen. Denn jeden Matchball und jedes Torgestänge mit solchen Sensoren auszustatten, kostet nicht wenig Geld. Doch gerade für Großturniere wie die EM und WM (am besten gleich im Sommer damit anfangen!) oder in den europäischen lukrativen Klubbewerben kann die Finanzierung klarerweise kein Thema sein.
Ende 2007 stellte der deutsche Produzent Adidas sogar einen solchen Ball vor, der seit 2005 entwickelt wurde. Bei der FIFA Klub-WM 2007 wurde der Ball sogleich getestet. Zahlreiche Experten sehen aber schon das vorläufige Ende aller Bemühungen kommen, da das IFAB (International Football Association Board, höchste Instanz bei Regelfragen) sich im Frühjahr 2008 gegen jegliche neue technische Hilfsmittel aussprach.
Ein solches wäre auch der schon so oft geforderte Videobeweis, mit dem strittige Entscheidungen mit Hilfe der sofortigen Auflösung (zum Beispiel auf der Videowall) geklärt werden könnten. Diese Methode käme dann wohl bei jeder Abseitsentscheidung, bei jedem Foulpfiff zum Einsatz. Das lässt sich beliebig weiterführen: Elfmeter oder Schwalbe? Ecke oder Abstoß? Handspiel oder doch Schulter? Alleine die Vorstellung, dass ein Spiel im Stadion alle 2-3 Minuten, bei großzügiger Auslegung vielleicht alle zehn Minuten, unterbrochen wird, ist schrecklich und kann nicht Sinn der Sache sein. Ein Fußballspiel kann eine solche Dynamik entwickeln, da wäre es doch fast tragisch, würde man da alle paar Augenblicke das Match unterbrechen, um das Videoband zu befragen. Jeglichen Spielfluss könnte man damit getrost vergessen.
Natürlich – wer bitte ist nicht schon vorm Fernseher gesessen und hat bei der x-ten Zeitlupenwiederholung einer klaren Fehlentscheidung nicht das Bedürfnis in sich verspürt, den Schiri auf den Mond zu schießen? Doch das gehört schlicht und ergreifend zum Fußball. Zur Beruhigung: Die Schiedsrichter wissen das auch.
Und auch wenn wohl schon mehrere Millionen „verpfiffen“ wurden, etwa in Aufstiegsspielen in der Champions-League, kann doch kein Fußballfan wirklich für die Einführung des Videobeweises sein. Einzige Ausnahme hierfür wäre, eine vernünftige Regulierung, wie sie zum Beispiel im Tennis seit Jahren gilt: So darf jeder Spieler zwei Mal pro Satz den Videobeweis fordern, wenn er glaubt, der Ball wäre nicht im Out gewesen. Ein solches Modell, bei dem der Kapitän oder Trainer einer Mannschaft den Videobeweis ein oder zwei Mal anfordern darf, wäre für den Fußball denkbar.
Alles in allem sollte man sich vermutlich damit abfinden, dass Fehlentscheidungen nun mal zum Fußball gehören. Das war immer so und wird auch so bleiben. Und wie heißt es so schön? „Am Ende einer Meisterschaft gleicht sich immer alles aus.“
Korrekter Weise heißen die neuen Assistenten „Torrichter“. Selbstverständlich wurde ihnen im Herbst erhöhte Aufmerksamkeit zu Teil. Jede Entscheidung wurde auf die Goldwaage gelegt (das ist nicht zwangsläufig etwas Neues) und jeder noch so bedeutungslose Pfiff in etwa zwölf verschiedenen Zeitlupen seziert.
Doch so schlecht ist die Idee von zwei zusätzlichen Torrichtern sicherlich nicht. Zumindest ist es ein Schritt hin zu Entscheidungshilfen, um gravierende, spielentscheidende Fehlentscheidungen zu verhindern. Ob die zwei zusätzlichen Assistenten tatsächlich die Lösung dieser Probleme sind, ist noch unklar. Da reicht eine Hinrunde in der Europa - League mit Sicherheit nicht aus. Im Sommer wird man schon mehr wissen, bisher bekam man nicht unbedingt den Eindruck, dass es jetzt merklich weniger Fehlentscheidungen gab. Und wenn der Torrichter einmal etwas Ahndungswürdiges entdeckt hat, wird dieser oft wieder vom Schiedsrichter überstimmt. Die Autorität der Torrichter hält sich noch in Grenzen.
Eine andere Möglichkeit, Unklarheiten vorzubeugen, könnte der Computerchip im Ball sein. Das runde Leder ist – wenig überraschend – in allen spielentscheidenden und umstrittenen Spielsituationen mit dabei. Das Prinzip verlangt zusätzlich den Einsatz von Technik. Auf beiden Torpfosten müssten Sensoren installiert werden, damit die exakte Position des Spielgeräts festgestellt werden kann. Um solche, diskussionswürdige Situationen zu finden, muss man nicht weit in den Fußballgeschichtsbüchern zurückblättern. Es gab auch nach 1966, das Jahr des berühmt berüchtigten Wembley-Tors von Geoff Hurst, unzählige Tore, die eigentlich keine waren, und vergebene Chancen, die fälschlicher Weise mit einem Torerfolg belohnt wurden. Lattenpendler dieser Art könnte man hier wohl en masse anführen.
Der Chip im Ball ist grundsätzlich zu begrüßen. Das einzige Problem könnte die Kostenfrage darstellen. Denn jeden Matchball und jedes Torgestänge mit solchen Sensoren auszustatten, kostet nicht wenig Geld. Doch gerade für Großturniere wie die EM und WM (am besten gleich im Sommer damit anfangen!) oder in den europäischen lukrativen Klubbewerben kann die Finanzierung klarerweise kein Thema sein.
Ende 2007 stellte der deutsche Produzent Adidas sogar einen solchen Ball vor, der seit 2005 entwickelt wurde. Bei der FIFA Klub-WM 2007 wurde der Ball sogleich getestet. Zahlreiche Experten sehen aber schon das vorläufige Ende aller Bemühungen kommen, da das IFAB (International Football Association Board, höchste Instanz bei Regelfragen) sich im Frühjahr 2008 gegen jegliche neue technische Hilfsmittel aussprach.
Ein solches wäre auch der schon so oft geforderte Videobeweis, mit dem strittige Entscheidungen mit Hilfe der sofortigen Auflösung (zum Beispiel auf der Videowall) geklärt werden könnten. Diese Methode käme dann wohl bei jeder Abseitsentscheidung, bei jedem Foulpfiff zum Einsatz. Das lässt sich beliebig weiterführen: Elfmeter oder Schwalbe? Ecke oder Abstoß? Handspiel oder doch Schulter? Alleine die Vorstellung, dass ein Spiel im Stadion alle 2-3 Minuten, bei großzügiger Auslegung vielleicht alle zehn Minuten, unterbrochen wird, ist schrecklich und kann nicht Sinn der Sache sein. Ein Fußballspiel kann eine solche Dynamik entwickeln, da wäre es doch fast tragisch, würde man da alle paar Augenblicke das Match unterbrechen, um das Videoband zu befragen. Jeglichen Spielfluss könnte man damit getrost vergessen.
Natürlich – wer bitte ist nicht schon vorm Fernseher gesessen und hat bei der x-ten Zeitlupenwiederholung einer klaren Fehlentscheidung nicht das Bedürfnis in sich verspürt, den Schiri auf den Mond zu schießen? Doch das gehört schlicht und ergreifend zum Fußball. Zur Beruhigung: Die Schiedsrichter wissen das auch.
Und auch wenn wohl schon mehrere Millionen „verpfiffen“ wurden, etwa in Aufstiegsspielen in der Champions-League, kann doch kein Fußballfan wirklich für die Einführung des Videobeweises sein. Einzige Ausnahme hierfür wäre, eine vernünftige Regulierung, wie sie zum Beispiel im Tennis seit Jahren gilt: So darf jeder Spieler zwei Mal pro Satz den Videobeweis fordern, wenn er glaubt, der Ball wäre nicht im Out gewesen. Ein solches Modell, bei dem der Kapitän oder Trainer einer Mannschaft den Videobeweis ein oder zwei Mal anfordern darf, wäre für den Fußball denkbar.
Alles in allem sollte man sich vermutlich damit abfinden, dass Fehlentscheidungen nun mal zum Fußball gehören. Das war immer so und wird auch so bleiben. Und wie heißt es so schön? „Am Ende einer Meisterschaft gleicht sich immer alles aus.“
Mittwoch, 20. Januar 2010
Routiniert und raffiniert
WM-Vorschau: Italien will den Titel von 2006 verteidigen. Dass dieses Vorhaben ein ungemein schweres ist, wissen Lippis Schützlinge jedoch ganz genau. Die Squadra Azzurra hat die Qualifikation problemlos geschafft (zehn Spiele, 24 Punkte, ungeschlagen), spielerisch konnte man jedoch nicht immer überzeugen.
Marcello Lippi ist sich seiner Sache sicher: „Die Mannschaft ist kompletter als beim Gewinn des WM-Titels 2006.“ Was der Erfolgscoach damit sagen will, ist dass seine Mannschaft wesentlich variabler geworden ist. „Weil wir sowohl ein 4-3-3, ein 4-2-3-1 als auch ein 4-4-2 spielen können“, so der 61-Jährige, der seit 2008 wieder im Amt ist. Tatsächlich ist Italien längst vom starren 4-4-2 abgekommen, kann flexibel zwischen verschiedenen Spielsystemen wechseln. So gesehen auch in der Qualifikation, als die Spielweise den gegebenen Situationen besser angepasst wurden. Die Italiener, denen man ja grundsätzlich gerne unterstellt, echte Taktikkünstler zu sein, werden ihrem Ruf gerecht, ein Spiel perfekt lesen zu können und dementsprechend zu reagieren.
Ob die Italiener bereits in der Gruppenphase taktisch so sehr gefordert werden, bleibt bei Anbetracht der Auslosung abzuwarten. Paraguay, Neuseeland und die Slowakei heißen die Gruppengegner. Los geht’s gleich gegen den vermeintlich härtesten Konkurrenten, Paraguay, das sich in der WM Qualifikation in souveräner Manier den zweiten Rang hinter Brasilien sicherte. Souverän vor allem deshalb, da die Truppe von Gerardo Martino (47 Jahre) mit einer großartigen Abwehr glänzte, die in 17 Spielen lediglich 12 Treffer zuließ. Es prallen also zwei starke Defensivreihen aufeinander, die sich gegenseitig neutralisieren könnten. Die größte Schwäche hat die „Albirroja“ – wie könnte es anders sein – in der Offensive: die Spitzen hängen vorne zu oft in der Luft, da die Mannschaft sehr weit zurückgezogen spielt. Bezeichnend, dass mit Cabanas der erfolgreichste Torschütze des Teams sechs Treffer schaffte.
Am zweiten Spieltag darf man gegen Neuseeland antreten, das könnte durchaus torreich enden. Die „Kiwis“ haben es erstmals seit 1982 wieder zu einer WM geschafft, was zweifellos ein toller Erfolg ist. Ohne diesen schmälern zu wollen, sollte nicht unerwähnt bleiben, dass das wesentlich stärkere Australien seit 2008 in der Asienqualfikation, und nicht mehr mit Neuseeland in der Ozeaniengruppe, spielt. Ein kausaler Zusammenhang ist nicht auszuschließen. Italien wird mit Neuseeland – wie vermutlich auch die anderen Gruppenkonkurrenten – keine Schwierigkeiten haben.
Die Slowakei hingegen ist definitiv in der Lage solche dem Titelhalter zu bereiten. Zwar ebenso nicht in beängstigender Art und Weise, jedoch ist den Slowaken durchaus eine gute Rolle zuzutrauen. Stars wie Kapitän Marek Hamsyk (SSC Napoli) oder Bochums Toptorjäger Stanislav Sestak ergänzen sich mit Kämpfertypen wie Martin Skrtel (Liverpool), Peter Pekarik (Wolfsburg) und Miroslav Karhan (Mainz 05) und sorgen so für eine gut harmonierende, mannschaftliche Geschlossenheit. So schlug man in der Quali unter anderem Tschechien in Prag mit 2:1.
„Die Mannschaft ist besser als beim Gewinn des WM-Titels 2006.“ - Italiens Coach Marcello Lippi
Italien ist und bleib aber der unumstrittene Favorit auf den Gruppensieg. Mit Gianluigi Buffon hat man im Tor einen absoluten Weltklassespieler. Sollte der vierfache Welttorhüter, wie zuletzt öfters der Fall, verletzt ausfallen, wird nicht wie bei Juventus Turin Alexander Manninger einspringen sondern der junge Federico Marchetti, den viele schon als legitimen Nachfolger sehen. Österreichs Beitrag zur WM bleibt also weiterhin bei Null. Aber keine Sorge: eine österreichische Boulevardzeitung wird bestimmt noch einen nordkoreanischen Zeugwart finden, der schon einmal auf der Durchreise in Österreich war. („So viel Österreich steckt in Nordkorea!“). Ganz ohne uns geht’s ja doch nicht.
Aber zurück zu wichtigeren Dingen: die Abwehrkette werden voraussichtlich Zambrotta (32), Cannavaro (36), Chiellini (25) und Grosso (32) bilden. Bis auf Chiellini waren alle auch schon beim Titelgewinn von 2006 mit dabei. Alternativen gibt es genug, neben arrivierten Verteidigern wie Barzagli oder Gamberini auch jüngere Spieler wie Davide Santon (18, Inter Mailand), Domenico Criscito (23, Genoa) Andrea Ranocchia (21,) oder Leonardo Bonucci (22, beide AS Bari) werden noch ihre Chance bekommen, auf den WM-Zug aufzuspringen. Um die Abwehr muss sich Taktikfuchs Marcello Lippi die wenigsten Sorgen machen.
Im Mittelfeld ist man zu sehr von Andrea Pirlo (30) abhängig, dessen Form in letzter Zeit erheblichen Schwankungen ausgesetzt war. Neben ihm werden wohl der zu letzt sehr stark aufspielende Daniele De Rossi und Mauro Camoranesi spielen. Gattusos Teilnahme an der WM ist aufgrund mangelnder Fitness fraglich. Ebenso die von Francesco Totti, der fast schon wöchentlich Gerüchte um ein mögliches Comeback dementiert und wieder anheizt. Er wäre freilich die Idealbesetzung für die Position hinter den Spitzen. „Die Türen sind für alle offen“, ließ Lippi kürzlich verlautbaren, wohlwissend, dass Totti jede Menge an Kreativität in Italiens oft zu durchschaubare Offensivspiel bringen würde.
Davon würde auch Alberto Gilardino profitieren. Der Fiorentina-Stürmer ist im Angriff die erste Wahl und würde im Falle eines Systems mit nur einem Angreifer als Solo-Spitze fungieren. Schickt Lippi einen zweiten Stürmer aufs Feld, wird dieser wohl entweder Vincenzo Iaquinta, Marco Borriello, Giuseppe Rossi oder Luca Toni heißen. Letztgenannter hat zwar jetzt bei der Roma wieder bessere Aussichten auf Einsatzzeiten als bei Bayern München, er ähnelt vom Typ her jedoch sehr stark Gilardino. Gut möglich, dass er die Rolle des Jokers einnehmen wird. Cassano, Pazzini, Balotelli und Di Natale haben nur noch Außenseiterchancen, im Sommer nach Südafrika reisen zu dürfen.
Italiens großer Trumpf werden wieder die Ausgewogenheit, die Erfahrung und die internationale (Welt-)Klasse sein. Vom Tormann bis zum Mittelstürmer gibt es keine großen Schwachstellen, die ein frühes Ausscheiden realistisch erscheinen lassen. Zahlreiche Spieler der Startelf waren schon beim Titelgewinn 2006 Stützen und verfügen demnach über die notwendige Routine und Abgeklärtheit, um enge Spiele, die auf der Kippe stehen, den entscheidenden Kick zu ihren Gunsten zu geben. Für viele Akteure dieser „Goldenen Generation“ wird es wohl auch das letzte Großturnier sein. Das könnte zusätzliche Energien frei machen.
Tipp: Die Mission Titelverteidigung ist nicht unmöglich. Dazu wird aber eine klare Steigerung in punkto Spielwitz gegenüber den Qualifikationsspielen nötig sein. Und selbst dann gibt es da noch jede Menge andere Teams, die Italien mehr als nur Paroli bieten können. Auf den fünften Weltmeistertitel wird sich Italien noch gedulden müssen – Endstation ist spätestens im Halbfinale.
Reif für mehr?
WM-Vorschau: Die Elfenbeinküste stellt derzeit wohl Afrikas beste Mannschaft. Neben Topstar Didier Drogba verfügt das Team von Vahid Halilhodzic über weitere internationale Weltklassespieler, die in ihren Vereinen absolute Stützen sind.
Argentinien, Niederlande, Serbien & Montenegro – das waren die Gruppengegner der Elfenbeinküste bei ihrer ersten WM-Teilnahme 2006 in Deutschland. Drogba & Co. scheiterten zwar letztlich an der Klasse von Argentinien und Niederlande, brachten jedoch die beiden europäischen Schwergewichte an den Rande einer Niederlage. Im letzten, bedeutungslosen Gruppenspiel gegen Serbien gewann man mit 3:2. Und auch heuer meinte es die Glücksfee nicht wirklich gut mit den Ivorern. In Gruppe G muss man sich mit Brasilien, Nordkorea und Portugal messen. Wieder müssten die Westafrikaner zumindest eine absolute Spitzennation schlagen um bei der zweiten Weltmeisterschaftsteilnahme en suite die K.O.-Runde zu erreichen. Das ist schwer, aber auch nicht unmöglich.
Der Favorit auf den Gruppensieg kristallisiert sich schon beim ersten Blick auf Tabelle heraus: Brasilien hat unter Dunga die WM-Qualifikation ohne Probleme geschafft und gewann die Südamerikavorausscheidung souverän. Die Selecaó glänzte dabei weniger mit Einzelspielern als viel mehr mit einem hervorragenden Kollektiv. Gerade deshalb sehen viele Experten den Rekordchampion heuer ganz besonders in der Favoritenrolle. Brasilien wird die Gruppe G aller Voraussicht nach am ersten Rang beenden, alles andere wäre eine echte Überraschung.
Portugal hatte zwar große Probleme in der Qualifikation und schaffte nur mit Müh’ und Not den zweiten Relegationsrang (ebenso mühsam erkämpfter Aufstieg gegen Bosnien), gehört jedoch sicherlich in den erweiterten Kreis der Titelanwärter. Mit Cristiano Ronaldo stellen die Südwesteuropäer zudem den Topstar des Turniers. Die Portugiesen gilt es zu schlagen, will die Elfenbeinküste das Achtelfinale erreichen. Schon am ersten Gruppenspieltag kommt es zum direkten Aufeinandertreffen zwischen der Elfenbeinküste und Portugal, bei dem die Weichen vermutlich schon entscheidend gelegt werden.
Der große Underdog und noch größere Außenseiter der Gruppe heißt Nordkorea, das sich in der Qualifikation keine Blöße gab und erstmal seit 1966 wieder dabei ist. Die Asiaten dürfen kein Problem für die Ivorer darstellen, will man im Konzert der Großen mitspielen. Ein echtes Problem könnte im Falle des Aufstiegs jedoch Spanien werden, das einer der zwei möglichen Gegner wäre, vorausgesetzt die Iberer setzen sich gegen die Schweiz, Chile und Honduras durch, was nicht völlig realitätsfern erscheint.
Führt man sich die derzeitige Kaderliste der Westafrikaner zu Gemüte, könnte das tatsächlich möglich sein: die mit zahlreichen bei europäischen Topklubs spielenden Stars gespickte Liste lässt jeden Fußballliebhaber mit der Zunge schnalzen.
Einzig die Torwartposition gilt – wie bei so vielen afrikanischen Mannschaften – als echte Achillesferse. Boubacar Barry, auch Copa genannt, (KSC Lokeren) war lange Zeit als fehleranfällig bekannt. Ein Ruf, der sich hartnäckig hält, obwohl Barry in Belgien sogar zum Torhüter des Jahres 2009 gekürt wurde. Der 29-Jährige steht derzeit beim Afrika-Cup zwischen den Pfosten. Zumindest im ersten Spiel blieb die Null hinten stehen, es ist jedoch fraglich ob Burkina Faso ein echter Prüfstein ist. Richtige Herausforderer, die ihm das Einser-Leiberl streitig machen könnten, gibt es keine. Über einen echten Klassetorman verfügt die Elfenbeinküste nicht.
In der Abwehr sieht es da schon anders aus: Mit Kolo Touré (28, Ex-Arsenal, jetzt Manchester City) gibt es einen Abwehrchef, der sich in der englischen Premier League bereits einen Namen gemacht hat und jedes Wochenende seinen Mann steht. Sein Partner in der Innenverteidigung wird vermutlich Abdoulaye Meité (29) sein, der bei West Bromwich spielt und zuvor jahrelang für Olympique Marseille verteidigte. Um die Position des Linksverteidigers matchen sich Athur Boka vom Vfb Stuttgart und Siaka Tiéné, der in der Ligue 1 für FC Valenciennes spielt.
Alternativen sind Souleymane Bamba (Hibernian Edinburgh) oder auch der Hamburger Guy Demel, der jedoch eher auf der rechten Abwehrseite auflaufen wird.
Die gehörte früher Eboué (26, Arsenal), der zuletzt aber sowohl im Club als auch im Nationalteam immer die Position des rechten Flügelspielers bekleidete.
Unterstütz wird Eboué im Mittelfeld von zwei echten Hochkarätern: Yaya Touré, jüngerer Bruder von Innenverteidiger Kolo Touré, verdient seine Brötchen beim FC Barcelona und kommt dort regelmäßig zum Einsatz. Daneben wird wohl Didier Zokora spielen, defensiver Mittelfeldspieler vom FC Sevilla. Doch auch Tioté (23, Twente Enschede) und Emerse Faé (25, OGC Nice) werden gute Chancen auf einen Startplatz eingeräumt.
„Wir sind bereit. Wir wollen der ganzen Welt zeigen, was wir können. Jeder Afrikaner muss während der WM stolz sein“ - Didier Drogba
Das große Prunkstück im Kader von Vahid Halilhodzic ist aber zweifellos der Angriff. Auf den Flügeln wirbeln Gervinho (22) von Lille, an dem Barcelona bereits reges Interesse bekundet hat, und Salomon Kalou (24) von Chelsea London. Fallweise, und ohne einen großen Qualitätsverlust befürchten zu müssen, schickt der bosnische Nationaltrainer gerne auch Abdul Kader Keita (Galatasaray Istanbul), Bakari Koné (Olympique Marseille) oder Aruna Dindane (Portsmouth) aufs Feld.
Der absolute Topstar und Kapitän des Teams ist unumstritten Didier Drogba (31), Vereinskollege von Kalou bei Chelsea. Der exzentrische Mittelstürmer hat eine schier unglaubliche Trefferquote aufzuweisen: in 63 Länderspielen durfte der bullige Goalgetter über insgesamt 42 (!) Tore jubeln. Das gesamte Angriffsspiel ist auf Drogba zugeschnitten, der insbesondere in der Verarbeitung von hohen Bällen einsame Spitze ist. Drogba arbeitet enorm viel für die Mannschaft, lässt sich oft zurückfallen, hat folgerichtig ein enormes Laufpensum über 90 Minuten aufzuweisen.
Hinzu kommt der „Heimvorteil“ der ersten Weltmeisterschaft auf afrikanischem Boden. Es wird sich weisen, ob die Elfenbeinküste schon reif für mehr ist, reif für das Achtelfinale. Denn wenn „Les Elephantes“ die Gruppenphase überstehen, wird einiges möglich und ein gewaltiger Vorstoß nicht auszuschließen sein. Zumindest Kapitän Drogba ist sich (wenig überraschend) sicher: „Wir sind bereit. Wir wollen der ganzen Welt zeigen, was wir können. Jeder Afrikaner muss während der WM stolz sein“. Wie stolz die Elfenbeinküste nach dem Tunier auf ihre Fußballnationalmannschaft tatsächlich sein kann, hängt nicht zuletzt davon ab, ob Drogba seine Chancen wie gewohnt eiskalt verwertet. Die Erwartungshaltung ist groß. Doch der Druck Erfolg zu haben ist für Drogba & Co. nichts Neues.
Tipp: Die Elfenbeinküste wird die Gruppe G überstehen und mit Brasilien ins Achtelfinale einziehen. Die neue (taktische) Disziplin unter Vahid Halilhodzic in Verbindung mit den herausragenden Einzelkönnern nähren zurecht die Hoffnungen auf das Erreichen des Viertelfinales.
Dienstag, 12. Januar 2010
"Wir wurden beschossen wie Hunde"
Beinahe in allen Medien und in jedem Teil der Welt hat der „African Cup of Nations“ derzeit jene Aufmerksamkeit, die das afrikanische Pendant zur Europameisterschaft eigentlich immer verdient hätte. Der Anlass jedoch könnte trauriger nicht sein. Bei der Einreise des togoischen Nationalteams wird der Mannschaftsbus von angolanischen Separatisten angegriffen, dabei wurden der Assistenztrainer, der Pressesprecher und der Busfahrer getötet und mehrere Delegationsmitglieder schwer verwundet, mit Kodjovi Obilalé und Serge Akakpo befinden sich auch zwei Spieler unter den Verletzten. Es herrscht Betroffenheit weit über Afrikas Grenzen hinaus, die (Fußball-)Welt ist schockiert. Der African Cup of Nations in Angola sollte nicht nur (gerade in Sicherheitsfragen) die Generalprobe für die im Sommer in Südafrika stattfindende Weltmeisterschaft sein, sondern auch dafür sorgen, dass der afrikanische Fußball populärer und vor allem selbigem mehr Respekt entgegengebracht wird.
Und auch deshalb ist es an Tragik kaum zu überbieten: ein seit Jahrhunderten von ausländischen Machtinhabern durch Unterdrückung, Folter und Korruption gebeutelter Kontinent versucht, vom völkerverbindenden Aspekts des Fußballs zu profitieren, doch ehe das Turnier beginnt, schießen Rebellen auf ein einreisendes Team, töten drei Menschen und zerstören auch nur jeden Funken Hoffnung auf Euphorie in einem Land, dessen Geschichte jahrzehntelang von blutigen Bürgerkriegen und kolonialen Grausamkeiten geprägt wurde. In der angolanischen Exklave Cabinda, in der der Anschlag passierte, findet man auf nur wenigen Quadratkilometern beinahe alle dominierenden Probleme des gegenwärtigen (Schwarz-)Afrikas. So auch separatistische Rebellen, die aufgrund wertvoller Ressourcen in deren Gebiet (in diesem Fall große Erdölvorkommen) im Dauerkonflikt, welcher meist mit Waffengewalt geführt wird, mit dem Staat stehen.
Doch warum konnte es überhaupt soweit kommen? Jede Menge Kritik gefallen lassen müssen sich die angolanische Regierung und der afrikanische Fußballverband, trotz Drohungen und Ankündigungen der Rebellen im Vorfeld, Cabinda als Austragungsort ausgewählt zu haben. Auch zahlreiche Menschenrechtsorganisationen schlugen Alarm und machten auf gravierende Menschenrechtsverletzungen durch das Militär aufmerksam.
"Wir wurden beschossen wie Hunde. Die Angreifer waren bis an die Zähne bewaffnet. Alle versteckten sich 20 Minuten lang unter den Sitzen. Es war schrecklich." - Mittelfeldspieler Thomas Dossevi schildert den Rebellenangriff
Ebenso darf sich Togos Verbandspitze einiges anhören. Denn Veranstalter Angola wies ausdrücklich darauf hin, nicht mit dem Bus anzureisen – eben aufgrund von potentiellen Sicherheitsproblemen. Diese Entscheidung wurde vom Organisationskomitee scharf kritisiert.
Ausgiebig diskutiert wird auch die Entscheidung der Regierung, Togos Fußballnationalteam wieder zurück zu beordern. Einerseits ist es absolut verständlich, die Mannschaft aufgrund dieses Schockerlebnisses und vor allem aus Respekt den Verstorbenen und deren Angehörigen gegenüber auf die Teilnahme zu verzichten. Andererseits war es der ausdrückliche Wunsch der Spieler selbst, für die verstorbenen Kollegen zu spielen und das Turnier in Gedenken an diese zu bestreiten. Abgesehen vom menschlichen Drama, ist dieser Eklat für die Entwicklung des afrikanischen Fußballs verheerend bzw. dafür mitverantwortlich, dass die Reputation – vor allem in Fußballeuropa – weiter stagnieren wird.
Der Schatten, den der europäische Klubfußball, gerade mit millionenschweren Bewerben wie der Champions-League oder der Europa League, wirft, ist gigantisch und die Chance für Afrika aus diesem herauszutreten praktisch nicht existent. Klar, dass dies schon aufgrund der finanziellen Gegebenheiten nicht gelingen kann. Ziel war es jedoch mit dem African Cup of Nations das Image aufzupolieren, was nach diesem denkbar schlechten Start sicher nicht leichter werden wird. Dass von Spanien über Italien bis England sämtliche europäische Topclubs auf zahlreiche afrikanische Stammkräfte bauen wird nicht in diesem Maße wahrgenommen. Es gibt in allen Ländern großartige Einzelkönner, die an dieser Stelle gar nicht aufzuzählen wären, doch das mangelhafte Kollektiv und die fehlende (taktische) Disziplin sind hauptverantwortlich für den Abstand zum europäischen Kick.
Wenig diszipliniert ging es zum Beispiel beim Qualifikationsmatch Uganda – Nigeria zu. Der deutsche Torhütertrainer Uli Stein arbeitet für den nigerianischen Verband und weiß davon zu berichten. So erzählt er von fehlendem Wasser in sämtlichen Duschen und von Kabinenwänden, die mit Kuhkot „verziert“ waren und dementsprechende Düfte verbreiteten.
„Am extremsten war das Auswärtsspiel in Uganda. Das fing schon mit dem Mannschaftshotel an. Es gab nicht einmal Wasser zum Duschen. Aber wirklich der Hammer war dann die Kabine im Stadion, in der wir uns umziehen mussten. Die Wände waren mit Kuhkot beschmiert. Es hat fürchterlich gestunken.“ - Nigerias Torwarttrainer Uli Stein über die Bedingungen beim Auswärtsspiel in Uganda.
Auch mit Voodoo-Praktiken hat Stein mittlerweile seine Erfahrungen sammeln dürfen. So musste einmal kurzfristig die gesamte Mannschaft auf Umwegen zum Stadion gebracht werden, da vor Abfahrt ein Voodoo-Mann sein Unwesen im Mannschaftsbus getrieben haben soll. So weigerten sich die Spieler, sich in diesen Bus hineinzusetzen. Diese zwei, zugegebener Maßen, extreme Beispiele sind zwar ganz bestimmt welche der seltenen Sorte. Sie zeigen jedoch auf, dass es, zumindest im Vergleich zu europäischen Verhältnissen, doch etwas unkonventioniell zugehen kann. Organisatorisches Talent wird den dortigen Nationalverbänden ohnehin nicht nachgesagt. Der afrikanische Fußball steht für die pure Spielfreude, er lebt die unbeschwerte Leichtigkeit des Spielens vor.
Unter dem Strich steht jedenfalls das große Bedauern und eine ebenso große Portion Mitleid für einen Kontinent, der ein Riesenpotential (bei weitem nicht nur fußballerisch) hätte und für ein Land, das anscheinend kein Fußballturnier ohne erhebliche Sicherheitsprobleme veranstalten kann. Dass dies nicht der Weisheit letzter Schluss ein kann, sollte klar sein. Tatsache ist jedoch, dass der Anschlag von Cabinda einen erheblichen Rückschlag für den afrikanischen Fußball darstellt. Sicherheitsbedenken im Hinblick auf die Weltmeisterschaft im Sommer in Südafrika wären aber unangebracht, da die Situation in Cabinda zwar durchaus Probleme aufweist, die in beinahe ganz Afrika akut sind, letztendlich aber doch Ergebnis eines regionalen Konfliktes sind. Übrigens, gespielt wurde beim Afrika-Cup auch schon: Mali rang im überaus spektakulären Eröffnungsspiel Angola nach einem 0:4 zur 76.Minute noch ein 4:4 Unentschieden ab.
Samstag, 9. Januar 2010
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Der LASK hat es jetzt geschafft, ein Trainingslager zu fixieren und den Termin (27.01. – 03.02.) bekanntzugeben. Belek heißt das erklärte Ziel, das man vermutlich realisieren wird können. Ganz im Gegensatz zu den im Sommer gesteckten Saisonzielen, von denen man sich doch ziemlich entfernt hat. Die Linzer orientieren sich stetig nach unten, würde es Kärnten nicht geben (man mag gar nicht daran denken!), wäre der LASK ein echter Abstiegskandidat. Der Klassenerhalt darf nicht das höchste der Gefühle sein für den Klub aus der drittgrößten Stadt Österreichs mit einem Stadion, in das mindestens 15.000 Zuschauer hineinpassen, und dem Fanpotential, diese Kapazität auch ausschöpfen zu können. Selbstverständlich hat der Abstieg von 2001 Spuren hinterlassen, die nicht von heute auf morgen zu beseitigen sind. Doch warum kommt der LASK nicht und nicht in Fahrt? Was sind die Gründe für die permanente Aneinanderreihung von Enttäuschungen sowohl auf Führungsebene als auch der sportlichen?
Angefangen hat das Projekt „Bundesliga“ dabei sogar sehr gut. Ivica Vastic wurde noch in der zweiten Liga unter Vertrag genommen, was sich als hervorragender Schachzug entpuppen sollte: Vastic hatte seinen Spaß mit den Gegnern (Übertreibung!) der RedZac – Ersten Liga, wie die Supermarktliga damals noch hieß. Unzählige Tore und Assists standen am Ende der Saison am Konto des Oldies, folgerichtig gelang der Aufstieg in die Bundesliga.
Die Comeback-Saison verlief äußerst erfolgreich: lange Zeit konnte man ganz vorne mitspielen, kurzzeitig glaubten die kühnsten Optimisten sogar an den Meistertitel. Am Ende stand der ein wenig enttäuschende 6.Platz, nachdem der positive Saisonverlauf Europacuphoffnungen berechtigte und man im Finish stark nachließ. Schon damals kündigte sich das Fiasko an, das in der darauf folgenden Saison Realität wurde.
Konnte man unter Daxbachers Nachfolger Andreij Panadic wenigstens noch ein Konzept erkennen, war nach dessen Rauswurf endgültig alles über den Haufen geworfen. Klaus Lindenberger durfte sich – ohne jegliche Trainererfahrung – einfach mal als Chefcoach probieren. In 13 Spielen gelangen ein Sieg und 3 Remis bei 9 Niederlagen und 4:29 – Toren, der LASK war endgültig der Prügelknabe. Als auch Präsident Reichel endlich einsah, dass Lindenberger mit Sicherheit kein Cheftrainer ist, präsentierte die schwarz-weiße Führungsriege niemand geringeren als Hans Krankl. Freilich wehte sogleich ein ganz anderer Wind. Klare Ansagen, starke Sprüche und echte Fußballweisheiten prägten den Alltag beim LASK. Krankl schaffte es kurzzeitig, die Spieler zu pushen und sie von ihrer Lethargie zu befreien. Als das umgesetzt war und die ersten Punktgewinne verzeichnet wurden, gab es nicht wenige, die Krankls Interimsvertrag gerne verlängert hätten. Doch die nächsten Auftritte demonstrierten taktische Fehler und Mängel, die unter Krankl nicht abgestellt sondern noch gravierender wurden. Teilweise haarsträubende Naivität öffnete den Verantwortlichen doch noch die Augen und Krankls Kurzzeitengagement war beendet. Seine Mission hatte er jedoch erfüllt, wie Krankl in seiner „selbstbewussten“ Art feststellte.
Das Thema Abstieg war also vorerst vom Tisch und man dachte, die Verantwortlichen würden jetzt mit Ruhe und Bedacht die Vorbereitung auf die neue Saison einleiten. Dazu brauchte man natürlich erst einmal wieder einen neuen Trainer. Der Deutsche Matthias Hamann wurde geholt, der LASK ist seine erste Trainerstation im Profigeschäft. Hamanns Credo war von Beginn an und ist noch immer „Offensive“. Das ist grundsätzlich schön und zu begrüßen, dass es im Fußball auch eine Verteidigung gibt, sollte jedoch nicht konsequent verleugnet werden. Die Meisterschaft begann durchaus viel versprechend mit spektakulären Spielen und ebenso spektakulären Toren. Es war vom „neuen magischen Dreieck“ die Rede. Mayrleb, vor allem Prager und Wallner harmonierten tatsächlich hervorragend und produzierten Tore am laufenden Band. Noch mehr Tore kassierte die eigene Defensive, die in fast allen Spielen heillos überfordert war. Hamann machte den 19jährigen Margreitter zum Kapitän und Abwehrchef und tat dem Defensivtalent damit sicher keinen Gefallen. Vidas Alunderis erwies sich als totaler Fehleinkauf, Sturm Graz wusste schon, warum sie den Litauer nach einem Probetraining nicht unter Vertrag nahmen.
Vorläufiger Höhepunkt war das 2:7 Debakel gegen die nicht gerade als Tormaschinen bekannten Kapfenberger. Hamann wiederholte auch nach sieben Gegentreffern gegen einen Abstiegskandidaten immer wieder seine Parole, mehr Tore schießen zu müssen und die Chancen konsequenter zu verwerten. Anstatt die Defensive zu stärken und die katastrophalen Schwächen abzustellen, legt Hamann sein Hauptaugenmerk weiter auf die Offensive. Der Deutsche scheint die Defensive endgültig aufgegeben zu haben, anders ist auch seine Aussage, wonach maximal ein Abwehrspieler im gesamten Kader annähernd Bundesliganiveau habe, nicht zu erklären und schon gar nicht zu verstehen.
Eine Verbesserung der Defensive wäre auch kurzfristig gesehen ratsam, denn zum Frühjahrsbeginn warten gleich Rapid, Salzburg, Sturm und die Austria. Sollte sich auch in der Winterpause nichts Grundlegendes geändert haben, darf man sich wieder auf viele Tore freuen.
Doch auch dieses jüngste Kapitel ist nur ein Spiegelbild dessen, was sich beim Linzer Traditionsklub seit Jahren abspielt. Es gibt keine klaren Linien, kein durchdachtes Konzept, das nicht nach zwei Niederlagen in Folge oder einer schwächeren Phase gleich wieder verworfen wird. Kontinuität und Weitblick scheinen beim LASK Fremdwörter zu sein, anders sind diese ständigen Ausrutscher – sowohl in der Kaderplanung, in der Öffentlichkeitsarbeit als auch am grünen Rasen – nicht zu erklären. Den leidgeprüften LASK – Fans wäre es zu wünschen, dass endlich einmal alle an einem Strang ziehen, damit das Loch, das zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft, überbrückt werden kann. Die aktuelle Situation ist insofern besonders trist, da in Linz genügend Potential vorhanden wäre, um einen Klub zu formen, der die Spitzenklubs ärgern beziehungsweise mit ihnen mithalten könnte. Eine solche Entwicklung beansprucht jedoch Zeit und – vor allem – Kontinuität.
Angefangen hat das Projekt „Bundesliga“ dabei sogar sehr gut. Ivica Vastic wurde noch in der zweiten Liga unter Vertrag genommen, was sich als hervorragender Schachzug entpuppen sollte: Vastic hatte seinen Spaß mit den Gegnern (Übertreibung!) der RedZac – Ersten Liga, wie die Supermarktliga damals noch hieß. Unzählige Tore und Assists standen am Ende der Saison am Konto des Oldies, folgerichtig gelang der Aufstieg in die Bundesliga.
Die Comeback-Saison verlief äußerst erfolgreich: lange Zeit konnte man ganz vorne mitspielen, kurzzeitig glaubten die kühnsten Optimisten sogar an den Meistertitel. Am Ende stand der ein wenig enttäuschende 6.Platz, nachdem der positive Saisonverlauf Europacuphoffnungen berechtigte und man im Finish stark nachließ. Schon damals kündigte sich das Fiasko an, das in der darauf folgenden Saison Realität wurde.
Konnte man unter Daxbachers Nachfolger Andreij Panadic wenigstens noch ein Konzept erkennen, war nach dessen Rauswurf endgültig alles über den Haufen geworfen. Klaus Lindenberger durfte sich – ohne jegliche Trainererfahrung – einfach mal als Chefcoach probieren. In 13 Spielen gelangen ein Sieg und 3 Remis bei 9 Niederlagen und 4:29 – Toren, der LASK war endgültig der Prügelknabe. Als auch Präsident Reichel endlich einsah, dass Lindenberger mit Sicherheit kein Cheftrainer ist, präsentierte die schwarz-weiße Führungsriege niemand geringeren als Hans Krankl. Freilich wehte sogleich ein ganz anderer Wind. Klare Ansagen, starke Sprüche und echte Fußballweisheiten prägten den Alltag beim LASK. Krankl schaffte es kurzzeitig, die Spieler zu pushen und sie von ihrer Lethargie zu befreien. Als das umgesetzt war und die ersten Punktgewinne verzeichnet wurden, gab es nicht wenige, die Krankls Interimsvertrag gerne verlängert hätten. Doch die nächsten Auftritte demonstrierten taktische Fehler und Mängel, die unter Krankl nicht abgestellt sondern noch gravierender wurden. Teilweise haarsträubende Naivität öffnete den Verantwortlichen doch noch die Augen und Krankls Kurzzeitengagement war beendet. Seine Mission hatte er jedoch erfüllt, wie Krankl in seiner „selbstbewussten“ Art feststellte.
Das Thema Abstieg war also vorerst vom Tisch und man dachte, die Verantwortlichen würden jetzt mit Ruhe und Bedacht die Vorbereitung auf die neue Saison einleiten. Dazu brauchte man natürlich erst einmal wieder einen neuen Trainer. Der Deutsche Matthias Hamann wurde geholt, der LASK ist seine erste Trainerstation im Profigeschäft. Hamanns Credo war von Beginn an und ist noch immer „Offensive“. Das ist grundsätzlich schön und zu begrüßen, dass es im Fußball auch eine Verteidigung gibt, sollte jedoch nicht konsequent verleugnet werden. Die Meisterschaft begann durchaus viel versprechend mit spektakulären Spielen und ebenso spektakulären Toren. Es war vom „neuen magischen Dreieck“ die Rede. Mayrleb, vor allem Prager und Wallner harmonierten tatsächlich hervorragend und produzierten Tore am laufenden Band. Noch mehr Tore kassierte die eigene Defensive, die in fast allen Spielen heillos überfordert war. Hamann machte den 19jährigen Margreitter zum Kapitän und Abwehrchef und tat dem Defensivtalent damit sicher keinen Gefallen. Vidas Alunderis erwies sich als totaler Fehleinkauf, Sturm Graz wusste schon, warum sie den Litauer nach einem Probetraining nicht unter Vertrag nahmen.
Vorläufiger Höhepunkt war das 2:7 Debakel gegen die nicht gerade als Tormaschinen bekannten Kapfenberger. Hamann wiederholte auch nach sieben Gegentreffern gegen einen Abstiegskandidaten immer wieder seine Parole, mehr Tore schießen zu müssen und die Chancen konsequenter zu verwerten. Anstatt die Defensive zu stärken und die katastrophalen Schwächen abzustellen, legt Hamann sein Hauptaugenmerk weiter auf die Offensive. Der Deutsche scheint die Defensive endgültig aufgegeben zu haben, anders ist auch seine Aussage, wonach maximal ein Abwehrspieler im gesamten Kader annähernd Bundesliganiveau habe, nicht zu erklären und schon gar nicht zu verstehen.
Eine Verbesserung der Defensive wäre auch kurzfristig gesehen ratsam, denn zum Frühjahrsbeginn warten gleich Rapid, Salzburg, Sturm und die Austria. Sollte sich auch in der Winterpause nichts Grundlegendes geändert haben, darf man sich wieder auf viele Tore freuen.
Doch auch dieses jüngste Kapitel ist nur ein Spiegelbild dessen, was sich beim Linzer Traditionsklub seit Jahren abspielt. Es gibt keine klaren Linien, kein durchdachtes Konzept, das nicht nach zwei Niederlagen in Folge oder einer schwächeren Phase gleich wieder verworfen wird. Kontinuität und Weitblick scheinen beim LASK Fremdwörter zu sein, anders sind diese ständigen Ausrutscher – sowohl in der Kaderplanung, in der Öffentlichkeitsarbeit als auch am grünen Rasen – nicht zu erklären. Den leidgeprüften LASK – Fans wäre es zu wünschen, dass endlich einmal alle an einem Strang ziehen, damit das Loch, das zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft, überbrückt werden kann. Die aktuelle Situation ist insofern besonders trist, da in Linz genügend Potential vorhanden wäre, um einen Klub zu formen, der die Spitzenklubs ärgern beziehungsweise mit ihnen mithalten könnte. Eine solche Entwicklung beansprucht jedoch Zeit und – vor allem – Kontinuität.
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